Das
japanische Festival meldet sich mit einem frohen „Ohayô! / Hallo!“
zurück. Auch in diesem Jahr werden wir in Leipzig und erstmals auch
in Dresden und Dessau - einige herausragende japanische
(Theater-)Künstler verschiedener Formen zwischen Tradition und
Moderne präsentieren. Mit Lindenfels Westflügel, Schaubühne
Lindenfels, Societaetstheater, Spinnwerk, Bühnenstudio der Stiftung
Bauhaus Dessau, LIA und Delikatessenhaus hat das Festival insgesamt
sieben Orte als Kooperationspartner gewinnen können. Der
Schwerpunkte liegt im diesjährigen Programm auf der Produktion
während des Festivals: Das Workshop-Programm wurde mit
Figurentheater und Nô sowie der Fortführung des Butô-Workshops vom
letzten Jahr erheblich ausgeweitet und es wird mit vier
künstlerischen Begegnungen während der Festivalzeit vor Ort in
Leipzig auch viel Neues entstehen. Wir haben ein umfangreiches
Programm mit bildender Kunst erarbeitet, im Rahmen dessen in
Kooperation mit LIA ein Kunstkatalog erscheint und insgesamt vier
Ausstellungen in Leipzig und Dessau zu erleben sein werden.
Das
Festival hat sein Format mit den Gastspielen, den Künstlerischen
Begegnungen, den Konzerten, Kunstausstellungen, dem Filmprogramm und
den Publikationen in Verbindung mit unseren Kooperationspartnern
breit entwickelt, um Ihnen verschiedenartige und nachhaltige
Begegnungen mit der japanischen Kultur zu ermöglichen und diese
Begegnungen auch aktiv zu gestalten.
Sushi, Manga, Futon,
Samurai und Geisha - Japan scheint uns so präsent und vertraut. Doch
kann uns die Kultur des Landes der aufgehenden Sonne auch sehr fremd
und unverständlich erscheinen. Die japanische Kulturgeschichte hat
einige drastische Wechsel erlebt. Japan gehört zum Orient
Deutschland zum Okzident so scheint es in überholten Begriffen
gesprochen klar. Bei genauerer Betrachtung lassen sich sehr jedoch
viele Gemeinsamkeiten in der jüngeren Geschichte entdecken.
Gemeinsam mit anderen ausländischen Gelehrten, Diplomaten und
Handelnden bauten auch Deutsche das neue, zum Westen geöffnete Japan
ab 1868 mit auf. Die deutsche Verfassung mit einem starken Kaiser
wurde ebenso zum Vorbild genommen, wie die deutsche Medizin, das
Militärwesen und auch die Kunst. In den Umbruchszeiten wurden viele
Kunstwerke der alten buddhistischen Kultur der Samurai zerstört oder
im besten Falle in das Ausland verkauft.
Malerei im westlichen
Stil kam schnell in Mode. Dennoch hielten sich in Japan bis heute
auch die älteren Strömungen der Tuschmalerei, Kalligraphie, und die
damit verbundene eher flächige, strichhafte Darstellung. Die weiten
Genregrenzen und ihre übliche Überschreitung im künstlerischen
Arbeiten, das mehr am Prozess, an der Technik orientiert ist, und
einem künstlerischen Weg folgt, blieben erhalten.
Das Festival
setzt sich zur Aufgabe, die in Japan sehr starke Dualität zwischen
vormoderner und zeitgenössischer (Theater-)Kultur zu ignorieren und
verschiedenste professionelle und vor allem ästhetisch höchst
eigenwillige Künstler nach Leipzig zu holen. Das Handwerk dieser
Künstler basiert auf Erfahrung und überschreitet die in Japan wie
Europa geltenden engen Genregrenzen. Bei allen zum Festival
eingeladenen Produktionen finden sich nicht nur Elemente von
Schauspiel und Tanz, auch die Musik und die bildende Kunst in Form
von Maskierungen, Kostümen, Einrichtung und Gestalt des Bühnenraums
sind in jeweils spezifischer Art und Weise eingesetzt, um ein
ganzheitliches, lebendiges Kunstwerk zu erzeugen.
Dabei fußt
die japanische Kunst in allen Bereichen auch heute noch auf dem
Handwerk, das, wie schon zu frühesten Zeiten, von Meistern auf ihre
Schüler übergeht und somit oral tradiert wird, sich also nicht über
das Studium von Büchern oder den Besuch von Theaterakademien
vermittelt. Zwar gibt es seit der Öffnung Japans zur westlichen
modernen Kultur vor mehr als 150 Jahren bereits ähnliche Strukturen
der Künstlerausbildung wie in Europa, dennoch blieb in Japan die
traditionelle Theaterkultur der alten Eliten und der Bürgerkultur
der Edo-Zeit ebenso erhalten, wie das religiöse Theater der Tempel
und Schreine. Dies erfahrbar zu machen ist Anliegen des
Festivals.
Viele japanische Künstler reagieren irritiert, wenn
man sie auf die „Japanizität“, das spezifisch Japanische an ihrer
Kunst anspricht. Denn wer schon einmal in Japan war, wird erlebt
haben, wie zeitgenössisch westlich diese Kultur ist. Und dennoch ist
die japanische Art, westliche und asiatische Einflüsse in die eigene
Kultur zu übernehmen und darin weiter zu entwickeln eine besondere,
die ganz eigene, teils kuriose, schrille aber auch innovative und
geniale Resultate hervorbringen kann.
Viel Freude und
erlebnisreiche Begegnungen auf dem diesjährigen Festival –
Tanomi-mashô!